Ein rasanter Aufstieg und ein genauso rasender Zusammenbruch: Die Piratenpartei. Ich schreibe aus sechs Jahren Parteizugehörigkeit über Erfolge, doch auch über die Gründe für das Scheitern – und welche Lehren man aus diesem Experiment ziehen kann. Es geht um politische Mechanismen einer Partei, um komische und traurige Vorkommnisse, flüssige Demokratie, Zombie-Bügeleisen, Netzpolitik, Schwammintelligenz und Lernen durch Schmerz – nur eben ohne Lernen.
„Ihr werdet Euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen“ schrieb Max Winde „@343max“ 2009 bei Twitter. Und fasste damit den größten Erfolg der Piratenpartei zusammen: Eine Generation von Menschen, nämlich die im Internet sozialisierten, politisiert zu haben.
Doch es zeigte sich, dass die „Netzgemeinde“ nicht homogen ist. Es gab nicht einmal ein gemeinsames Wertegerüst. Und das war die Hauptursache für das Scheitern der Piratenpartei, für die gesellschaftliche und politische Erfolglosigkeit der Internetgemeinde insgesamt. Teil des Internets, Teil der Netzgemeinde zu sein allein macht nämlich niemanden zu einem besseren Menschen.
Die Piratenpartei, wir alle haben es vergeigt. Wir haben das Projekt in den Sand gesetzt. Und das ist eine Affenschande: Es gab ein Zeitfenster, in dem alles möglich schien. Wir trieben die etablierte Politik für einige Monate vor uns her. Beobachter wie Akteure: Alle waren sich einig, dass sich im parlamentarisch-politischen System dringend etwas ändern muss, und eigentlich war das unsere Aufgabe. Niemand (26) hat gesagt, dass es einfach werden würde.
Für die gesammelten Niederlagen der Piratenpartei waren wir alleine verantwortlich: Das desaströse Bild, die gegenseitige, öffentliche, permanente Zerfleischung. Die Abgrenzungsprobleme. Der Punkt, wo aus liebenswertem Dilettantismus unentschuldbare Schlamperei wurde. Wo sich eine Mehrheit der Partei nicht entscheiden konnte, eine politische Partei zu sein, sondern an der Parteisimulation festhielt.
Ich habe aus der Innensicht der Partei und des Parlamentes ein Buch geschrieben und es „Politik aus Notwehr“ genannt. Es geht um Mechanismen und Ereignisse in einer Partei und in der Politik, um komische und traurige Vorkommnisse, flüssige Demokratie, Zombie-Bügeleisen, Netzpolitik, Schwammintelligenz und Lernen durch Schmerz – nur eben ohne Lernen.
Wofür sollte das eigentlich alles gut sein und woran ist es letztlich gescheitert? Und schließlich: Welches sind die Lehren, die man aus dem Experiment „Piratenpartei“ ziehen kann? Wie könnte eine neue, zukünftige Bewegung oder auch eine bereits bestehende von den gewonnenen Erkenntnissen profitieren? Und wie geht es jetzt weiter?